„Alle reden über Strom. In der öffentlichen Diskussion über die Energiewende und die Erreichung der Klimaschutzziele spielt die Wärmeversorgung eine untergeordnete Rolle. Dabei bietet sie ein großes Potential, denn rund 30 Prozent des deutschen Energieverbrauchs entfällt auf Raumwärme und Brauchwasser,“ sagt der Wissenschaftler. Dieses Potential im urbanen Raum nutzbar zu machen, ist Thema seiner Promotion. Er betrachtet dabei die Wärmeplanung aus kommunalplanerischer Sicht. Hier ist es üblich, zunächst ein Gebiet abzugrenzen. Für das definierte Quartier werden Daten erhoben und ein Maßnahmenkonzept entwickelt.
Der von Knies entwickelte Ansatz stellt das gängige Verfahren auf den Kopf. Zunächst werden Wärmebedarfsdaten übergreifend ausgewertet, um grob Bereiche mit Wärmversorgungsoptionen zu ermitteln. Für diese Gebiete können nun Detailplanungen erstellt werden. Der Vorteil dieser Methode ist, dass eine flächendeckende strategische Planung auf kommunaler Ebene erfolgt. So können Nachbarschaftseffekte und -synergien für energetische Sanierungen berücksichtigt werden, die beim üblichen Verfahren durch die vorherige Gebietsabgrenzung vernachlässigt würden. „Die bisher getrennt betrachteten Planungskulturen der Energieplanung der Energieversorger und der Stadtplanung werden hierbei in einem übergeordneten Planungsrahmen für die Wärmplanung zusammengeführt. So ist es möglich dem übergeordneten Ziel näherzukommen, den CO2-Anteil in unserem Energiesystem zu reduzieren“, bilanziert Knies.
Kooperation im wissenschaftlichen Bereich
Insgesamt ist an Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein deutlicher Anstieg von kooperativen Promotionsverfahren zu verzeichnen. Laut einer Umfrage der Hochschulrektorenkonferenz ist die Zahl der kooperativen Verfahren für den Zeitraum 2015-2017 um rund 47 Prozent im Vergleich zum vorherigen Erhebungszeitraum gestiegen. „An der Jade Hochschule ist die Anzahl der kooperativen Promotionen in den letzten fünf Jahren sogar um fast 60 Prozent gestiegen“, weiß Prof. Dr. Manfred Weisensee (Jade Hochschule), der die Arbeit von Knies gemeinsam mit Prof. Dr. Ingo Mose (Universität Oldenburg) betreut hat. Weisensee hält sie für ein gelungenes Beispiel für die Kooperation im Bereich der wissenschaftlichen Einrichtungen der beiden Hochschulen.
Seit 2014 bietet die Jade Hochschule durch interne und externe Fördermittel die Möglichkeit, Promotionen mit einer kooperierenden Universität zu erstellen. Zuvor war dies nur in Einzelfällen geschehen. Hochschulen für angewandte Wissenschaften können so ohne eigenes Promotionsrecht Doktorarbeiten betreuen. Derzeit werden zehn Promotionsverfahren in der Abteilung Geoinformation betreut.
Seit Abschluss der Dissertation forscht Dr. Jürgen Knies im Projekt „Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst Oldenburg“ am Institut für Angewandte Photogrammmetrie und Geoinformatik an der Jade Hochschule. Hier ist er für das Teilprojekt Energieleitplanung zuständig, in dem die Ergebnisse seiner Doktorarbeit weiterentwickelt werden.
Werdegang von Dr. Jürgen Knies:
Der ausgebildete Landschaftsgärtner studierte an der Universität Oldenburg Landschaftsökologie und absolvierte ein Masterstudium in Angewandter Geoinformatik an der Universität Salzburg. Nach einer Anstellung im Planungsbüro folgte der Wechsel in die Wissenschaft und eine freiberufliche Tätigkeit. Stationen waren hier neben der Jade Hochschule, das OFFIS und das Institut für Rohrleitungsbau.
Bild: v.l.n.r. Prof. Dr. Manfred Weisensee, Dr. Jürgen Knies, Prof. Dr. Ingo Mose, Prof. Dr. Rainer Buchwald © Robin Rofallski, Text: Jade Hochschule