Nicht erst seit den Fridays for Future Protesten junger Menschen weltweit ist klar: Wir brauchen massive Anstrengungen, um der Klimakrise zu begegnen, den CO2-Austoß signifikant zu senken, erneuerbare Energien zu fördern und fossile Brennstoffe überflüssig zu machen. Neben einigen Städten und Landkreisen, die in den vergangenen Wochen die Klimakrise für sich ausgerufen haben, ist auch der deutsche Wald massiv gefährdet, in der Landwirtschaft drohen existenzbedrohende Einbußen aufgrund eines erneut viel zu trockenen und heißen Sommers und die weltweite CO2-Bilanz ist durch die horrenden Brände im Amazonas stark gefährdet. Das regionale Unternehmensnetzwerk OLEC e.V. lud vor diesem Hintergrund AkteurInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Verwaltung und Bildung am 28. und 29.08.2019 unter dem Motto „Auf dem Weg zur klimaneutralen Region“ nach Oldenburg ein, um gemeinsam Lösungen und Herausforderungen der Klimakrise zu diskutieren.
Auf die Frage, wo die Region bzw. das Land Niedersachsen auf einer Skala von eins bis zehn in Puncto Klimaschutz steht, antworteten die Podiumsgäste der Abendveranstaltung am 28.08. in der Kulturhalle am Pferdemarkt ziemlich einstimmig mit „irgendwo zwischen drei und vier“. Frederike Oberheim, Aktivistin der Fridays for Future Bewegung aus Bremen, brachte es bei Ihrer Begründung auf den Punkt: „Es könnte schlimmer sein.“ Im Anschluss diskutierte Moderatorin Tanja Föhr mit ihr, sowie mit Lothar Nolte, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, Finn-Christopher Brüning vom Städte- und Gemeindebund sowie dem 1. Kreisrat des Landkreises Ammerland Thomas Kappelmann wichtige Maßnahmen zum Umgang mit der Klimakrise. Auf Kommunalebene sei es vor allem wichtig den ÖPNV zu stärken und neu zu denken, betonte Kappelmann.
Auch der lokale Energieverbrauch, die Erzeugung sowie eine 100 prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien wurden von den anderen TeilnehmerInnen diskutiert. „Die Industrie solle sich auf die unumgängliche Transformation einlassen, sich bereits bestehenden Möglichkeiten öffnen und diese als Chance sehen“, so Nolte. Auch die Forschung könne hierzu einen Beitrag leisten. Brüning forderte beispielsweise mehr Forschung im Bereich der Stromspeichertechnologien sowie den Themen Smart Metering und bei der Nutzung der Möglichkeiten, die sich durch die Anwendung künstliche Intelligenz bieten. Nicht zu vernachlässigen sei laut Oberheim jedoch auch die Frage, wie eine Gesellschaftstransformation funktionieren kann. Zum Abschluss forderte sie noch einmal dazu auf, trotz aller Hemmnisse und Regularien „groß zu denken“ und das Thema Klimaschutz so weiter voranzutreiben.
Es ist also nicht von der Hand zu weisen, dass wir vor einem riesengroßen Berg Arbeit stehen, wenn wir dem Klimawandel begegnen und dessen Folgen abmildern wollen. Es ist aber auch Fakt, dass gerade der Nordwesten hier bereits eine der Regionen ist, die mit sehr gutem Beispiel voran geht und bereits einiges vorzuweisen hat, was die Tagung am 29.08. im BfE zeigte. „Niedersachsen ist Windenergieland Nr. 1 und im Nordwesten werden bereits heute rund 70 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen gewonnen“, betonte OLEC Vorstandsvorsitzender Roland Hentschel, der die Anwesenden begrüßte. „Durch die hervorragende Vernetzung der verschiedenen Player der Region haben wir einmalige Bedingungen für Forschung und Entwicklung und begegnen heute schon vielen Problemen mit intelligenten Lösungen.“ Auch die Akzeptanz für den Ausbau und den Einsatz erneuerbarer Energien sei im Nordwesten höher als anderswo in der Bundesrepublik.
Nichtsdestotrotz zitiert Gundela Nostitz, Leiterin der Abteilung Klimaschutz des Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Ihren Minister Olaf Lies ganz treffend im Rahmen ihres Grußwortes: „Dass Klimaschutz immer noch freiwillig ist, ist völlig absurd. Wir müssen eine feste Verankerung in der Gesetzgebung erwirken und somit all unser Handeln auf den Schutz des Klimas und der Umwelt ausrichten. Sonst nehmen wir uns unsere eigene Lebensgrundlage“. In Niedersachsen haben beispielsweise als Folge des Klimawandels die Starkregenereignisse um rund 20 Prozent zugenommen, was allerdings in keinster Weise die zunehmend trockenen und heißen Perioden ausgleicht. Die Böden in Niedersachsen leiden und die in der Region starke Landwirtschaft ächzt unter den Folgen. „Wenn wir jetzt nicht Handeln und etwas dagegen tun, dass der Meeresspiegel durch die Erderwärmung weiter ansteigt, stehen wir im Küstenland Niedersachsen vor weiteren gravierenden Problemen“, betont Nostiz den Ernst der Lage. „Daher benötigen wir verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen und eine regulatorische Kulisse, die vor allem auch Innovationen fördert“.
Ralph Wilken, Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt Oldenburg betont, dass die Stadt bereits seit 2012 ein integriertes Klimaschutzkonzept habe und dieses als Entscheidungsgrundlage für alle Prozesse der Stadt diene. „Bei der Ziel- und Umsetzungsbetrachtung zeigt sich, dass wir unsere ambitioniert gesteckten Ziele, z.B. der Einsparung von rund 290 Tausend Tonnen CO2, zu rund zwei Dritteln umsetzen konnten. Wir sind auf einem guten Weg, es ist aber immer noch Luft nach Oben“. Die Stadt Oldenburg fördere vor allem auch den Dialog mit den AktivistInnen der FFF-Bewegung und habe dies direkt zur Chefsache gemacht, denn „der Oberbürgermeister Jürgen Krogmann steht in direktem Austausch mit den AktivistInnen“, so Wilken.
Dass ein aktives Handeln dringend geboten ist, um Umwelt und Klima zu schützen und unseren Planeten lebenswert zu erhalten, darüber herrschte im Rahmen der Tagung weitgehende Einigkeit. In drei Workshops am Nachmittag erarbeiteten die TeilnehmerInnen gemeinsam konkrete Maßnahmen, mit denen Kommunen, Unternehmen und PrivatverbraucherInnen ihren Beitrag leisten können.
„Hinter klimaneutralem Handeln verbirgt sich ein riesiges Potenzial für innovative Ideen und Entwicklungen. Durch ein neues Verständnis für den Umgang mit Ressourcen und ökologischem Wirtschaften bieten sich Wachstumschancen für alle. Das haben wir heute eindrucksvoll bewiesen“, schließt OLEC-Vorstandsvorsitzender Roland Hentschel die diesjährige Tagung, deren Ergebnisse in die weitere Netzwerkarbeit einfließen werden. „Nur Zusammen können wir den Klimaschutz aktiv fördern, unsere vielfältigen Kompetenzen bündeln und es gemeinsam gut machen."
Die Dokumentation der Veranstaltung geht den TeilnehmerInnen in den kommenden Wochen zu. Weitere Informationen zur Tagung und den Ergebnissen finden Sie unter: www.energiecluster.de/jahrestagung